Feridun Zaimoglu
Am Literaturtelefon unter der Rufnummer 0431/901-8888 und auf www.literaturtelefon-online.de liest der Kieler Autor Feridun Zaimoglu aus seinem 2022 bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Roman „Bewältigung“. Die Aufnahme entstand am 28.09.2022 im Rahmen einer Lesung im Literaturhaus S.-H.
Wo kippt Recherche in Obsession? Wann beginnt Kunst toxisch zu werden für ihren „Schöpfer“? Und gibt es Stoffe oder Themen, die sich der literarischen Bewältigung entziehen, weil sie zu giftig sind? Feridun Zaimoglu hat einen virtuosen Künstlerroman geschrieben – über jemanden, der sich vornimmt, Adolf Hitler zum Protagonisten seines neuen Buches zu machen.
Zu Beginn scheint es eine normale Vorarbeit zu sein, eine schwierige zwar, aber keine unvertraute. Denn Schreiben bedeutet immer Anverwandlung, eine Nähe zum Material ist absolut notwendig. Was aber, wenn das Material sich nicht bewältigen lässt und beginnt, ein zerstörerisches Eigenleben zu führen? Die Recherchereise des Autors an „Schauplätze“ Hitlers, führt ihn immer tiefer hinein in die Gedankenwelt seines Protagonisten. Die Bayreuther Festspiele, München, Obersalzberg: ein surrealer Fiebertraum.
Doch es ist auch eine Reise zurück in der Zeit, in seine Jugend in die Stadt Dachau Mitte der 1980er, wo er zur Schule ging – nicht weit von der Stelle, wo die Nationalsozialisten 1933 das erste KZ errichteten. In Kiel, an seiner Schreibmaschine, versucht er, seine Figur literarisch zu entfesseln und zugleich zu bannen. Und verliert Schritt für Schritt die Kontrolle über sein Projekt und mehr und mehr auch sich selbst.
Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit seinem sechsten Lebensmonat in Deutschland. Er studierte zeitweilig Kunst und Humanmedizin in Kiel und schreibt für Die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ. 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2005 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Zahlreiche weitere Preise folgten, u.a. der Grimmelshausen-Preis (2007), der Corine-Preis (2008), der Jakob-Wassermann-Literaturpreis (2010) sowie der Preis der Literaturhäuser (2012). 2016 erhielt er den Berliner Literaturpreis sowie die Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein. Nach „Leyla“, „Liebesbrand“, „Siebentürmeviertel“ und „Evangelio“ erschien zuletzt sein Roman „Die Geschichte der Frau“ (nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019).
Zuletzt war Zaimoglu im Januar 2019 mit seiner Erzählung „Mücken und Mongolen“ aus dem Band „Ich gehe durch das Deutschland meiner Tage“ am Literaturtelefon zu hören.
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Foto: Melanie Grande
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