Silvia Luise Wöhlk
Eine brisante Begegnung: 1956 wurde die damals 18-jährige Autorin zu einem Vorstellungsgespräch bei Prof. Dr. Carl Clauberg eingeladen, einem ihr damals unbekannten Mediziner. Clauberg, der als Koryphäe der Gynäkologie galt, war seinerzeit noch in Untersuchungshaft, hoffte aber auf baldige Rehabilitierung und Fortsetzung seiner „Forschungsarbeiten“, obwohl er als SS-Arzt in KZs Experimente an weiblichen Häftlingen vorgenommen hatte. „Natürlich nur im Dienste der Wissenschaft …“ Die Begegnung mit dem Täter, der zudringliche Avancen macht, gerät für die junge Frau zum nach wie vor traumatischen Erlebnis – in einer Zeit, als die Täter ihre Taten deshalb so erfolgreich verschweigen konnten, weil kaum jemand davon hören wollte. Erst 50 Jahre später, 2005, hat Wöhlk in der Anthologie „POETISCHE PORTRÄTS“ der Literaturgruppe EUTERPE über ihre Begegnung mit Clauberg geschrieben.
Silvia Luise Wöhlk (geb. 1937) verbrachte ihre Kindheit in Berlin und flüchtete nach der Kapitulation mit der Mutter und zwei jüngeren Geschwistern zuerst nach Sachsen-Anhalt zum Großvater und von dort illegal nach Kiel zur Familie des Vaters. Sie lebt jetzt (verwitwet, 3 Töchter, 8 Enkelkinder) in Felm im Dänischen Wohld. Nach Gründung einer eigenen Firma unterstützte sie ihren Ehemann. Ihre Liebe zum Schreiben, Singen und Malen hat sie nie aufgegeben und hat als Gaststudentin mehrere Semester Niederdeutsch studiert. Sie schreibt und veröffentlicht (Anthologien, Hörfunk, Literarische Zeitschriften, Lesungen) Prosaerzählungen, Lyrik und Kindergeschichten. Aus ihren autobiografischen Erzählungen entstand „Zwischen Muttermilch und Rentnerpasss“ (womit sie im November 2009 am Literaturtelefon zu hören war. Da sie die Kommunikation mit Literaturfreunden sehr anregt, besucht sie mehrere Schreibwerkstätten, gründete 1989 an der VHS Eckernförde die Schreibwerkstatt „Gedankenfilter“, die sie dort 13 Jahre lang leitete und jetzt seit zwei Jahren auch in Gettorf gegründet hat. Am Kieler Literaturtelefon las sie seit 1987 mehrfach und möchte heute mit einer brisanten autobiografischen Aufzeichnung einen Beitrag zum „Nichtvergessen von Gräueltaten“ leisten.
Foto: ögyr
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