Andreas Maier

Am Literaturtelefon unter der Rufnummer 0431/901-8888 und auf www.literaturtelefon-online.de liest Andreas Maier drei Ausschnitte aus seinem Roman „Die Heimat“, dem neunten Band seiner auf elf Teile angelegten Romanreihe „Ortsumgehung“. Die Aufnahme entstand bei einer Lesung am 27. Juni 2023 in der Reihe „Sprachkunst“ an der Muthesius Kunsthochschule Kiel.



Deutschland, Anfang der 1970er Jahre: ein Land voller Angst vor allem Fremden. Der einzige Italiener an der Schule wirkt wie ein außerirdisches Wesen. In den 1980ern sind es die Türken, die zum ersten Mal die Tische vor die Wirtschaft stellen. Während die Wetterauer den ersten Döner im Landkreis als Widerstandsnahrung feiern, erobert der lange verschwundene Hitler den öffentlichen Raum in Funk und Fernsehen. In den 1990ern träumt der Erzähler seinen großen Traum vom Wetterauer Land, verschwindet allerdings erst mal mit seiner Cousine unter einer Bettdecke am Ostrand der neuen Republik. Die Heimkunft gelingt innerfamiliär, das Haus der Großmutter wird als musealer Ort rekonstruiert, während im Ort wenigstens der Grundriss der 1938 niedergebrannten Synagoge wiederhergestellt wird. Aber noch im neuen Jahrtausend, als die ganze Republik ständig den Begriff „Heimat“ diskutiert, will niemand vom früheren Leben in der konkreten Heimat wissen, als es die noch gab, die es seit ihrer Deportation nicht mehr gab.

Mit untrüglichem Gespür für alles Abgründige in der gelebten Normalität erzählt Andreas Maier von Deutschland zwischen Weltkrieg, Mauerfall und Jahrtausendwende; davon, wie es sich die Menschen gemütlich machen in 40 Jahren Geschichte. Unbestechlich ist sein Blick auf eine Heimat, die seit jeher Fiktion ist.

Andreas Maier, 1967 im hessischen Bad Nauheim geboren, studierte Philosophie und Germanistik, anschließend Altphilologie. Er lebt in Frankfurt am Main.

Wikipedia über den Autor

Verlag: Suhrkamp

Foto: Markus Kirchgessner

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